Lu Düsenbär

Lu Düsenbär

Samstag, 12. September 2015

Lu in Texas und.... wie findet eigentlich eine Pilotenausbildung statt???

Liebe Luisa,

ich bin so aufgeregt. Das muss ich dir schnell schreiben. Heute war ich total überrascht! Ich habe so lange gewartet am Check In  in Frankfurt bis jemand mich mitnehmen wollte, dass ich fast eingeschlafen war. Endlich hat mich um 20:00, schon längst nach meiner Bettzeit, eine Düsenmutti mitgenommen.  


Ich war schon am dösen, da habe ich meinen Namen gehört. Ganz müde habe ich um die Ecke gelinst und war total überrascht. Irgendwie waren auf der Uniformjacke zu viele Streifen. Aber ich habe doch richtig gesehen und gehört und mich so unglaublich gefreut, Luisa. Da stand eine ganz liebe Kopilotin aus den Niederlanden!

Stell dir das mal vor! Eine Pilotin hat mich mitgenommen. Boahh! Ich habe mich richtig geehrt gefühlt, damit hätte ich ja nie im Leben gerechnet. Sie fragte mich, ob ich Lust hätte und mit ihr mitkommen wollte nach Dallas, Texas. Du kannst dir bestimmt vorstellen, Luisa, dass ich gleich "JA" geantwortet habe…. Wie cool ist das denn? Ich war im Fliegerhimmel. Lu und die Pilotin! Ein ganzer Flug im Cockpit. YES! Mein Herz hat gerast und ich war so unglaublich aufgeregt. Ein Traum!
Ich durfte gleich ins Cockpit mitkommen, wo meine Düsenmutti mich den netten Cockpit-Kollegen Tom, Matthias und Bennie vorgestellt hat. Ach ja, der Name meiner Düsenmutti war Anja, habe ich doch in der Aufregung fast vergessen dir zu schreiben. 

Es hat mich so viel Spaß gemacht, Luisa, ich habe auch total viel gelernt was man so im Cockpit macht. Meine Düsenmutti hat erzählt dass sie schon seit 2001 fliegt, aber dass sie jetzt umgeschult wird als Langstreckenpilotin. Das ist was ganz anderes. Man muss dann quasi den „Flugzeugführerschein“ für dieses Flugzeugmuster neu machen. Stell dir mal vor, wir müssten für jedes Auto einen neuen Führerschein machen. Bei den Piloten und den Flugbegleitern ist das so. Wenn sie den Flugzeugtyp wechseln, müssen sie eine neue Lizenz machen, weil es so viele Besonderheiten für jedes Flugzeug gibt.

Sie hat zuerst 2 Monate Simulatorausbildung gemacht, weil so ein großes Flugzeug darf man nicht sofort fliegen. Im Simulator lernt ein Pilot wie man das Flugzeug fliegt. Unter jeder Bedingung, die man sich nur vorstellen kann. Da wird alles geübt. Normale Landungen, Notlandungen, verschiedene Wetterverhältnisse, fliegen mit technischen Problemen am Flugzeug und noch vieles, vieles mehr. Ganz schön spannend.  Erst wenn alles sehr gut läuft, und der Pilot den Test bestanden hat, darf er ins richtige Flugzeug einsteigen. Dann sitzt ein erfahrener Kapitän daneben und oft ein Check-Pilot.

Meine Düsenmutti durfte selber steuern, Luisa! Von Frankfurt aus sind wir über die Niederlande geflogen, ab nach England und danach dauerte es sehr lange bis wir fast den Nordpol erreicht haben.
Das Land was du hier siehst heißt Grönland. Es ist da so kalt, Luisa, dass es immer Eis und Schnee gibt, auch im Sommer! Wenn du gut auf dem Bild schaust, siehst du auch Gletscher! Aus dem Warmen betrachtet, ist es allerdings wunderschön. Ich schaue total gerne aus dem Fenster, wenn wir über Grönland fliegen. Die Farben sind so toll. 




Ich durfte die ganze Zeit im Cockpit aus dem Fenster schauen. Wir sind stundenlang über Wasser geflogen, so dass ich nur Ozean gesehen habe und sonst nichts. Luisa. Ich wusste nicht, dass die Piloten so viel Arbeit haben während des Fluges! Die ganze Zeit mussten die Piloten kontrollieren, ob alles in Ordnung ist mit dem Flugzeug. 

Dafür gibt es einen tollen Supercomputer, Luisa, der Computer heißt ECAM. Dieser Computer überprüft alle Systeme des Flugzeuges und wenn etwas nicht in Ordnung ist, wird es automatisch angezeigt. Dann müssen die Piloten sehen, was zu tun ist und drauf reagieren. Jede halbe Stunde hat der Pilot überprüft, ob noch genügend Sprit dabei war. Wäre ja schlimm, wenn der Sprit ausgeht. Das wird alles notiert auf einem Flugplan. Auf dem Flugplan steht genau, wo das Flugzeug hinfliegen soll, um in Texas an zu kommen. Quasi welche „Straßen“ sie am Himmel entlang fliegen müssen. Ich habe auch den Sprit überprüft und durfte die Zahlen auf dem Flugplan schreiben. 

Sie gucken auch die ganze Zeit, wie sich das Wetter auf der Route ändert und ob evtl. Turbulenzen zu erwarten sind und wie stark die wären. Je nachdem ändern sie dann die Route, fliegen quasi auf eine andere Himmelsstraße. Der Funk wird auch die ganze Zeit verfolgt, sowohl von den Flughäfen, als auch von anderen Flugzeugen. Manchmal gibt es Turbulenzen, die nicht in der Karte eingezeichnet sind. Das erfährt man dann von den anderen Flugzeugen, die vor einem die Route entlang fliegen.

Das ist wichtig. Weil das Cockpit dann je nachdem die Kabinencrew informieren muss, wenn es starke Turbulenzen wären. Die müssen dann alle Trolleys und alles was in den Galleys rumsteht wegräumen und sichern. Wenn solche Dinge bei Turbulenzen durch die Gegend fliegen, dann kann das sehr gefährlich sein. 

Was die Piloten auch noch gemacht haben, ist unterwegs schauen wo man landen kann, wenn zum Beispiel jemand krank wird im Flugzeug. Die Piloten müssen überprüfen, ob die Landebahn lang genug ist zum landen und ob das Wetter schön ist. Das wusste ich auch nicht. Ich dachte immer ein Flugzeug kann auf jedem Flughafen landen. Stimmt aber nicht.

Wenn man mit einem großen Flugzeug unterwegs ist, dann ist es schon schwieriger einen passenden Ausweichflughafen zu finden. Sie müssen dann auf ganz viele Dinge achten.

Da muss die Landebahn lang genug sein. Es muss Gerät da sein um evtl. die Gäste aus dem Flugzeug aussteigen zu lassen. Es müssen spezielle Fahrzeuge und Gerätschaften da sein um das Flugzeug wieder zurück zu pushen usw. usw. 
Wenn man wegen eines medizinischen Notfalls landen muss, dann müssen sie auch überprüfen, ob überhaupt ein Krankenhaus in der Nähe ist. Es nützt ja nichts, wenn sie landen können, aber der Patient dann noch stundenlang durch die Gegend gefahren werden müsste. Dann nimmt man lieber einen anderen Flughafen. Das fand ich sehr interessant. Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Die Piloten müssen aber an all diese Dinge denken.

Wenn man das nicht überprüft, kann es ganz doof laufen. Dann kann zwar das Flugzeug evtl. dort landen, kommt aber so schnell nicht mehr da weg. Pff, auf was man alles achten muss. Luisa, ich habe Keflavik ausgesucht und den Flughafen überprüft. Glücklicherweise ist niemand krank geworden und so konnten wir ohne Unterbrechung weiter nach Dallas fliegen.

Nach 6 Stunden Flugzeit war ich so müde, Luisa, dass ich im Flightkit eingeschlafen bin. Ich bin erst wieder aufgewacht als wir in Dallas angekommen sind. 
So ein Mist, ich habe mich ganz schön drüber geärgert. Da bin ich mal im Cockpit und dann verpenne ich den halben Flug. Es war aber auch so anstrengend und aufregend. Ich habe die Augen einfach nicht mehr offen halten können. 



Die Düsenmutti und ihre Kollegen haben mich mitgenommen in eine Brauerei, wo wir gemeinsam ein leckeres alkoholfreies Bier getrunken haben. Wir haben auch noch Chickenwings und Babyribs gegessen. Lecker! Die schmecken hier in Amerika so gut. Besonders in Texas. Es geht nichts über Texas Barbecue.


Nach dem Essen habe ich sehr gut geschlafen, Luisa. 

Am nächsten Tag wollte ich gerne einkaufen und habe mir für dich eine herrliche Wassermelone ausgesucht. 

Leider war die Wassermelone zu schwer zum tragen und ich konnte keine für dich mitnehmen, sorry. Irgendwie ist in Texas alles größer. Es ist schade, dass wir hier gerade mal 24 Stunden Aufenthalt haben, obwohl es so ein langer Flug ist.  Das war sehr kurz. Da kann man nicht wirklich viel machen. 





Am nächsten Tag sind wir wieder das ganze Stück zurück geflogen. Es war nachts und irgendwie bin ich wieder eingeschlafen. Anja hat mich dann auf einen der Businessclasssitze gelegt, damit ich es bequemer, als im Flightkit hatte.  Anja und ich haben uns super verstanden. Nach der Landung hat sie mich gefragt, ob ich noch Lust hätte mir zu ihr nach Hause in die Niederlande zu kommen. Klar!!! Da war ich ja auch noch nie.



Ich habe dann 2 Tage Urlaub bei Anja und ihrer Familie gemacht. Das war so schön. Fast so wie zu Hause. 

Mir fehlt unser Familienleben doch, das habe ich da gemerkt. Die Jungs haben mich sogar im Schwimmbad segeln lassen. Ich habe mich total gefreut! 

Zum Glück haben sie gut auf mich aufgepasst. Du weißt ja, mit dem Schwimmen habe ich es nicht so.  Es war 31 Grad, so warm! Und wir hatten eine tolle Zeit. Kannst du dir ja vorstellen. Die Jungs und ich haben nur Quatsch gemacht. 

Morgens habe ich ein leckeres, holländisches Frühstück bekommen. Es gab sogar die leckeren Streusel. Ich liebe die Dinger. 

Weißt du was Luisa, ich habe heimlich den Käse angeknabbert... Der sah so mega lecker aus und ich hatte so viel Appetit! Hoffentlich hat es keiner bemerkt. Von Mama hätte ich so richtig Ärger für so etwas bekommen.




Dann war mein Kurzurlaub auch leider schon wieder vorbei. So schade. Anja musste wieder Fliegen und wir zwei sind zur Basis nach Frankfurt.


Was ein Erlebnis, ich möchte jetzt selber auch Pilot werden! Es war so spannend und aufregend im Cockpit. Ich hoffe ich darf nochmal mit einem Piloten oder Pilotin mit. 

Ich habe noch so viele Fragen. Es ist unglaublich, was da alles passiert. Das kann ich gar nicht alles beim ersten Mal registrieren und verstehen.

Bis bald Luisa, pass auf dich auf,

dein Lu


© Anja Rentier & Anke Moessner 2015

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