Lu Düsenbär

Lu Düsenbär

Dienstag, 3. März 2015

FŪRYŪ - die Kunst sich über schöne Dinge zu freuen

Meine liebe Luisa,

es war schön Dich mal wieder zu Hause zu sehen. Hatte mir gar nicht gedacht, dass ein Praktikant so viel zu tun hat.

Also, schon bin ich wieder weg.  Dieses Mal geht es nach Tokio, der Hauptstadt von Japan. Dort sagen sie "Konnichiwa" zur Begrüßung und verbeugen sich vor ihrem Gegenüber. Nix mit Händeschütteln. 

Unsere Buchstaben benutzen die Japaner auch nicht. Eher schaut es lustig aus mit diesen Symbolen. こんにちは - Guten Tag !

Japan liegt ganz rechts auf der Landkarte, also östlich von uns, dort wo die Sonne aufgeht, und besteht aus ganz vielen Inseln. Japan liegt auch auf so einer Erdplattengrenze. 

Deswegen gibt es da häufiger Erdbeben, wo der ganze Boden sich schüttelt. Aus diesem Grund haben die Japaner gelernt Häuser zu bauen, die trotzdem nicht umkippen, wenn sie geschüttelt werden. Krass würdest du sagen!

Tokio ist riesengroß, über 35 Millionen Menschen leben in oder um die Stadt herum. 

Im Zentrum der Stadt können nicht alle leben, da es dort wenig Platz gibt und ganz viele Hochhäuser.


Der Flug war unglaublich lang. 11 Stunden im längsten Flugzeug der Welt, der A340-600



Ich durfte in der First Class sitzen, weil meine Düsenmutti da arbeitet. Ich wurde gleich von ihr und der japanischen Flugbegleiterin verwöhnt. 

Dicker Sitz, leckeres Essen, fernsehen und schlafen. Fast wie daheim auf dem Sofa bei Dir, Mama und Papa.


Meine Düsenmutti hat mich schnell noch in der Küche geküsst, damit ich sie nicht so vermisse. 


Aber sie muss sich ja schließlich um alle Gäste, die Piloten im Cockpit und ums Essen kümmern. 




Ihre Kollegin Madoka hat sehr elegant das Essen serviert. Muss schon sagen - sehr schick diese Erste Klasse.

Schnell ins Hotel, frisch machen und gleich los. Wir wollten schließlich keine Minute ungenutzt lassen.

Ich kann dir gar nicht sagen wie bunt und schräg die Leute hier aussehen. 


Meine Düsenmutti, ihre Freundin und ich sind zuerst mit der Schnellbahn/Metro nach Harajuko gefahren, wo es viele lustige Läden und verrückte Japaner gibt. 


Fahrkarte aufladen und los. Die Bahnen sind nicht immer so leer. 

Manchmal gibt es extra auf dem Bahnsteig Leute, die helfen ganz viele Menschen in den Zug zu drücken. 

Ich kam aus dem Schauen gar nicht raus, alles blinkt und blitzt, überall ist Musik, sogar an der Metro-Station habe ich Vogelgezwitscher gehört. 


Die Takeshita Street ist echt bekannt bei jungen Leuten. Da passe ich auf jeden Fall gut dazu.

Und nun muss ich dir mal ein Geheimnis verraten. 

Ich glaub, ich hab mich ein bisschen verguckt… In einem Laden war ich einkaufen. Und da habe ich SIE getroffen. 

Sie war auch in dem Laden und hat mich total lieb angelächelt. Sie hat so weiches Fell und ganz hübsche Blümchen im Haar und an den Beinchen.

Ihr Name ist Sakura Kitty. Irgendwie haben wir uns gleich gemocht. 


Die meisten Namen in Japan haben eine schöne Bedeutung: Sakura heißt Kirschblüte, ist das nicht niedlich?

Sakura hat mir erzählt, weil ich so neugierig gefragt habe, dass in Japan die Blüte der Kirschbäume ganz doll gefeiert wird weil es das Ende des Winters ist. 

Die Bäume tragen aber keine Kirschen, nur so wunderschöne Blüten, alle Parks sind dann ganz weiß und hellrosa. 

Die Japaner kommen zum picknicken in die Parks, legen sich unter die Bäume und erfreuen sich am Blütenmeer. Aber das gibt es nur ein paar Tage und dann ist der Zauber wieder vorbei. Das nennt sich dann Hanami

Ab diesem Moment haben wir beschlossen möglichst viel Zeit zusammen zu verbringen. Denn Sakura Kitty kennt sich natürlich wunderbar aus in ihrer Heimatstadt. Und ich bin froh, dass ich eine so klasse Freundin gefunden habe.

In Harajuko gibt es einen Laden, der heisst Labor. Japaner sind berühmt dafür, dass sie Roboter und Elektronik und neueste Technik entwickeln und testen

Luisa, da kann man mit Robotern spielen. Wenn man das macht, lernen diese elektronischen Wesen fast wie ein Mensch zu sein. Dieser hier war sehr nett und konnte sogar deutsch sprechen, wenn man es eingestellt hat. 

Er war richtig nett zu mir und wollte mit mir Fußball spielen. Leider hat meine Düsenmutti darauf nicht wirklich Lust. Schade. 

Nach dem Einkaufsstress in Harajuko hatten wir echt richtig Hunger. 

In Japan isst man meistens Sushi, das ist roher Fisch auf Reis. 


Manchmal auch in grüne Algen gerollt und mit lustig aussehender Verzierung oder einfach nur draufgelegt. 

Klingt echt komisch, hat aber sehr lecker geschmeckt. Wir waren in einer Sushi Bar. Da fährt echt das Essen an einem vorbei und man kann sich nehmen was man mag. 

Der Fisch ist ganz zart. Meine Düsenmutti hat mir gezeigt, wie man das Sushi mit Stäbchen isst. 


Oh man Louisa, das war was. Irgendwie hab ich mich ganz doof angestellt diese dünnen Stäbchen zwischen meinen Tatzen zu halten und nur das obere Stäbchen zu bewegen. 

Macht nichts, hab dann ohne Stäbchen gegessen und es in die braune Soja-Soße getaucht. 


Die Erwachsenen essen noch so ne grüne Paste dazu, die sie Wasabi nennen. War mir aber zu scharf, so dass ich gleich weinen musste. 

Außerdem essen die hier auch gerne Nudelsuppen mit viel Gemüse und ganz viel Meeresfrüchte, weil Tokio ja am Meer liegt. 

Und dann gibt es etwas, das schaut aus wie Knödel. War sehr lecker mit der Bohnenpaste drin. Schlage ich Mama mal vor, dass wir auch sowas kochen. Muss ja nicht immer Marmelade im Knödel sein. 

Bin satt ins Bett gefallen. Zuhause hätte ich Theater gemacht. War nach unserer Uhr erst 16 Uhr nachmittags. Da würde ich ja nie freiwillig schlafen gehen. 

Aber großartige Erlebnisse und Kribbeln im Bauch machen müde. Am nächsten Morgen musste ich auch ganz fit sein, denn da haben wir was Besonderes gemacht. 

Ich bin gejoggt!!  Durch Tokio. Zusammen mit vielen Leuten aus der ganzen Welt. Hier ist nämlich der Tokyo Marathon. Ich habe beim kleinen Lauf mitgemacht, dem International Friendship Run, also einem Freundschaftslauf. 


Meine Düsenmutti ist eine begeisterte Läuferin und hat uns alle zusammen einfach angemeldet. 



Hat gemeint, es wäre doch schön durch Tokio zu laufen mit vielen anderen Menschen aus der ganzen Welt und Spaß zu haben. 

War echt lustig, viele Läufer waren verkleidet wie im Fasching, ich hab Kängurus aus Australien, Leute aus Malaysia, japanische Comicfiguren, Superhelden und verschiedene Tiere gesehen.



Und alle sind die 5 km gelaufen. Haben sich gefreut, miteinander geredet und Telefonnummern und Email-Adressen ausgetauscht. 

Die Welt kann so schön sein. 



Und am Schönsten war, dass Sakura mich angefeuert hat. haben natürlich ein Fanfoto zusammen gemacht.


Abends hatte ich ein bisschen Heimweh. Zum Glück habe ich eine Telefonzelle gefunden. 

War aber schwierig mit der japanischen Anleitung. Dann hatte ich Papa an der Strippe. 

Das hat mich beruhigt und ich habe ihm alles erzählt was ich bisher erlebt habe. Danach bin ich schnell zu meiner Düsenmutti auf’s Zimmer. 

Die hat sich schon Sorgen gemacht und mich dann ganz feste in den Arm genommen. Alles wieder gut.

Und am nächsten Tag haben wir uns den Marathon angeschaut. Da müssen die echt lange laufen, über 42 km ohne aufzugeben. 

Ich weiß ja nicht, ob ich das so mit meinen Beinchen durchhalten würde, aber die Menschen sind echt zäh und wollen das einfach. 

Der Gewinner hat nur 2 Stunden gebraucht und kommt aus Afrika. 

Die Strecke geht quer durch die Stadt, vorbei am Kaiserpalast, den Wolkenkratzern, über Brücken zu Tempeln und überall stehen Menschen und jubeln den Läufern zu, geben ihnen was zu trinken und freuen sich. 

Ich hab mich auch gefreut, denn eine Düsenmutti aus der Crew ist mitgelaufen und wir haben sie angefeuert. Boah, hat die mich beeindruckt. 

Die Marathon-Düsenmutti aus der Crew hat mir mal ihre Medaille umgehängt. Darauf ist man bestimmt mächtig stolz, wenn man das geschafft hat. Wenn ich groß bin will ich das auch mal probieren…

Nach dem Lauf haben Sakura und ich zusammen den ganzen Nachmittag Tokio unsicher gemacht. 

Wir haben uns zusammen so viel angeschaut und hatten ganz viel Spaß. Es hat ein bisschen geregnet. Also ab unter einen Bären-Regenschirm. Extra für uns gemacht.

Und Sakura war kalt. Da habe ich ihr meinen Pullover geliehen. Wollte nicht, dass sie sich eine Erkältung holt. 

Wie ist es eigentlich gerade zuhause mit der Grippewelle? Höre, dass fast jeder krank ist und diesen blöden Husten hat.



Wir haben den großen Tempel Asakusa in Tokio besucht. 

Die meisten Japaner sind Buddhisten oder Zen-Buddhisten. Woran die wirklich glauben, kann ich dir nicht erklären ( hihi…ich habe es selbst vergessen, obwohl meine Düsenmutti das erklärt hat ). 

Aber da gibt es viele schöne Rituale mit Räucherstäbchen und Glückspapieren, Wunschzetteln, Reinigung mit Wasser und Verbeugungen vor den Göttern.

Habe einfach mitgemacht. 


Und dann kamen diese Japaner in den traditionellen Gewändern.
Die Frauen tragen einen Kimono und die Männer einen Jimbei. 

Die Schuhe heißen Geta und sind eigentlich ziemlich coole Snowboards finde ich.



Sind ganz schnell in die Bahn gesprungen nach Shibuya gesprungen. 

Das ist auch ein Viertel in Tokio, wo sich abends die jungen Leute amüsieren. 

Die finden Pachinkos ganz toll. So Maschinen wo man Geld gewinnen kann. Die machen einen Höllenlärm und so kleine Kids wie ich dürfen da gar nicht rein. 

Aber meine Düsenmutti hat mir mal ein Foto gezeigt

In Shibuya gibt es überall Leuchtreklamen und immer so viele Menschen. Da gibt es zum Beispiel eine weltberühmte Straßenkreuzung, wo gleichzeitig aus allen Richtungen ganz viele Menschen bei Grün über die Straßen gehen. 

Da hat es mich glatt umgehauen und ich habe planking auf der Strasse gemacht. Alle mussten über mich lachen. 

Außerdem ist hier das Denkmal von Hachiko, dem Hund der jeden Tag sein Herrchen von der Metro abholte. Und nachdem sein Herrchen starb ist der Hund trotzdem jeden Tag zum Bahnhof gegangen und hat auf ihn gewartet. Hunde sind echt klasse. Fast so wie Bären.

Sakura und ich wussten, dass das unser letzter gemeinsamer Tag ist, denn das Wochenende ist vorbei und sie muss sich wieder um ihre Arbeit kümmern und ihre Familie. 

Bin ein bisschen traurig natürlich. Aber ich freue mich umso mehr, dass ich sie kennenlernen konnte. 

Furyu nennen das die Japaner, wenn man sich einfach freut über schöne Dinge. Das Schriftzeichen ( ich habe es ganz oben über diesen Brief geschrieben ) bedeutet “flieg mit dem Wind”. 

Man freut sich einfach so aus sich heraus über Menschen und Sachen, Natur und Bilder, so wie der Wind eben auch einfach bläst. Das finde ich aber mal eine tolle Einstellung.


Wir haben die gemeinsame Zeit wirklich noch wunderbar ausgekostet. Habe ihr eine Blume geschenkt. 

Beim Abschied hab ich ihr ein Bussi gegeben. Im Park war aber niemand und keiner hat’s gesehen. Ich hoffe sehr, dass ich bald wieder nach Tokio fliegen kann oder Sakura Kitty kommt zu mir und ich kann ihr mal Deutschland zeigen... und du kannst sie auch kennen lernen

Nun ist also unser letzter Tag, und meine Düsenmutti fährt mit mir und ein paar anderen aus der Crew in die Berge. 

Meine Düsenmutti hat sich nämlich ihren Führerschein auf Japanisch übersetzen lassen, damit sie hier auch Auto fahren kann. Ich bin erst mal gleich auf der falschen Seite eingestiegen und saß plötzlich hinterm Steuer. Ooops. 

Da hat mich Düsenmutti auf die linke Seite rübergesetzt. Die Japaner fahren nämlich auf der anderen Straßenseite als in Deutschland. 

Also Linksverkehr. Und deswegen ist das Steuer rechts. Und das ist ja sonst meine Seite. 

Verrückt, dass die Düsenmutti das hinbekommt. Nur wenn sie blinkern will, macht sie oft aus Versehen den Scheibenwischer an, weil die Hebel auch vertauscht sind. Hab mich schlapp gelacht. Sehr lustig.

In den Bergen war noch Schnee und ganz tolle frische Luft. Gute zwei Stunden hat unsere Fahrt nach Nikko gedauert. Da ist eine große Tempelstadt, die man früher nur über die heilige Shinkyo-Brücke erreichen konnte. 

Und da durfte nur der Kaiser oder seine Gesandten drüber gehen zu den Mönchen.

In Nikko gibt es den berühmten Toshogu Schrein. 

Alles glänzt mit dem Gold und den schönen Farben. Besonders schön war es jetzt natürlich noch mit dem Weiß des Schnees.

Hatte natürlich gleich wieder kalte Füße. Aber wollte dir zeigen wie das aussieht

Dann habe ich diese Schnitzerei an einem Tempel entdeckt und meine charmanten Begleiterinnen gefragt, was das denn bedeuten soll hier mit diesem Affentheater. 

Der eine hält sich die Ohren zu, der andere den Mund und der Dritte die Augen. 

Stell dir mal vor, wir würden das mit Mama und Papa machen. Na die wären sauer, wenn wir nicht hören, sprechen oder zugucken. Aber hier hat das natürlich eine andere Bedeutung. Man soll nämlich nichts Böses hören, nichts Böses sagen und nichts Böses sehen. Das tut den Lebewesen gut, finden die Japaner. Finde ich auch. 

Ach Louisa, was für ein tolles Land. Es hat mir richtig gut getan hier. Alles ist so ganz anders, so fremd, man kann gar nichts lesen und kein Wort verstehen. Aber die Leute hier sind so nett und lustig und helfen dir immer weiter.  

Ich freue mich schon sehr auf den nächsten Düsenmutti Ausflug, dann kann ich denen von den verrückten Japanern erzählen…..aber erst mal erzähle ich nach der Rückkehr alles Dir. 

Also halte dich bereit und bring Zeit mit. Habe dir auch was mitgebracht und zeige Dir schon mal einen Ausschnitt. Das ist ein japanischer Comic. Die nennen das hier Manga. Echt abgefahrene Zeichnungen. Da kannst Dich wirklich drauf freuen.

Unsere Frau Kapitän hat erzählt, dass wir viel Gegenwind auf dem Weg nach Hause haben. Es dauert wirklich 12 Stunden und 15 Minuten bis wir wieder landen.

Ich werde viel schlafen und träumen. Von Dir und unserem Wiedersehen. Von Sakura Kitty und von Tokio, der Stadt, die mein Herz erobert hat. Bis ganz gleich,

dein Lu

P.S.: Gucke, Tokio sieht auf Japanisch geschrieben aus wie 2 Fernseher auf Beinen. Schon wieder so eine lustige Nummer 東京 Tokio

©Autoren Isa Knudson und Gabi Rottler 2015

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